Die Königin schwebt hoch über den Dingen. Zwanzig Meter über dem Erdboden baumelt sie durch die schwülen Tage, überdacht von Palmblättern, die sie behüten wie mächtige Schwingen.
Ein erhabenes Plätzchen hat sich Ihre Majestät ausgesucht. Von ihrem Logenplatz fällt der Blick über die Lagunen aufs Meer, über die Sümpfe bis in den Dschungel. Ein warmer Wind geht durch die Wipfel. Ein Rascheln. Die Musik der Tropen.
Seelenruhig hängt sie da oben und reift vor sich hin. Wird immer dicker, runder, saftiger. Die weit gereiste Königin aller Südseeträume hat es sich verdient. Sie residiert im siebten Himmel, hoch über den schneeweißen Stränden zwischen Karibik und Polynesien.
Und was sind schon Mangos, Papayas, Maracujas? Gegen die Queen sind die anderen Südfrüchte höchstens Leichtgewichte. Süße Dinger, die an irgendwelchen Büschen wachsen. Oder nimm die Banane. Ein krummes Ding, das gerade mal 150 Gramm auf die Waage bringt und im Nu vergammelt.
Nicht so die Königin. Sie bringt es auf satte drei Kilo, wenn sie gut drauf ist – und kommt noch frisch daher, selbst wenn sie auf dem Seeweg einmal um die Welt gereist ist. Nein, die Kokosnuss ist nicht so leicht zu beeindrucken. Sie ist der Star aller Südseefantasien, Inbegriff aller Robinsonaden. Gestatten: cocos nucifera – die Ikone aller Tropenfrüchte.
Die Königin schwebt hoch über den Dingen. Zwanzig Meter über dem Erdboden baumelt sie durch die schwülen Tage, überdacht von Palmblättern, die sie behüten wie mächtige Schwingen.
Ein erhabenes Plätzchen hat sich Ihre Majestät ausgesucht. Von ihrem Logenplatz fällt der Blick über die Lagunen aufs Meer, über die Sümpfe bis in den Dschungel. Ein warmer Wind geht durch die Wipfel. Ein Rascheln. Die Musik der Tropen.
Seelenruhig hängt sie da oben und reift vor sich hin. Wird immer dicker, runder, saftiger. Die weit gereiste Königin aller Südseeträume hat es sich verdient. Sie residiert im siebten Himmel, hoch über den schneeweißen Stränden zwischen Karibik und Polynesien.
Und was sind schon Mangos, Papayas, Maracujas? Gegen die Queen sind die anderen Südfrüchte höchstens Leichtgewichte. Süße Dinger, die an irgendwelchen Büschen wachsen. Oder nimm die Banane. Ein krummes Ding, das gerade mal 150 Gramm auf die Waage bringt und im Nu vergammelt.
Nicht so die Königin. Sie bringt es auf satte drei Kilo, wenn sie gut drauf ist – und kommt noch frisch daher, selbst wenn sie auf dem Seeweg einmal um die Welt gereist ist. Nein, die Kokosnuss ist nicht so leicht zu beeindrucken. Sie ist der Star aller Südseefantasien, Inbegriff aller Robinsonaden. Gestatten: cocos nucifera – die Ikone aller Tropenfrüchte.
Besondere Beachtung ist der Kokosnuss noch aus anderen Gründen zu schenken. Denn sie ging schon auf Reisen, bevor der Mensch überhaupt existierte. Die Kokosnuss ist ein mit allen Wassern gewaschener Abenteurer. Als Weltenbummler der Prototyp schlechthin.
Wilde Palmen gibt es seit 70 Millionen Jahren. Die ersten wuchsen vermutlich in Neuseeland, womöglich auch in Australien oder Kolumbien. Doch ihre kecken Früchte wollten schon bald mehr sehen von der Welt. Darum ließen sie sich eines Tages in den Sand fallen, rollten in die Brandung und trieben davon: über alle sieben Meere, bis zu den fernen Ufern Indonesiens, bis zu den unbeschriebenen Koralleninseln in den entlegenen Ozeanen.
Monatelang drifteten die Steinfrüchte über die offene See. Kokosnüsse können Tausende Seemeilen zurücklegen und selbst nach vielen Monaten im Salzwasser noch immer keimen. Sie müssen nur irgendwo stranden – schon schlagen sie aus und wachsen zu neuen Kokospalmen heran. So eroberte die Queen die halbe Welt und siedelte vor allem in den tropischen Breiten – in jenen äquatorialen Regionen, von denen wir bis heute halluzinieren, wenn uns das schlimmste Fernweh packt. Weiße Traumstrände, von Palmen gesäumte Lagunen. In diesem Zauberreich ist sie zu Hause. Queen Coconut. Die unwiderstehlichste aller tropischen Versuchungen.
Um kurz nach sechs am Morgen geht über Südindien die Sonne auf. Die Küste Keralas schält sich aus der Hitze, über der Hafenstadt Kochi am Arabischen Meer kreisen die Krähen. Und: Überall wachsen Palmen, sie überziehen das halbe Land. Indiens Bundesstaat an der Malabarküste ist sogar nach der Königin benannt. Kerala – das heißt wörtlich „Land der Kokospalmen“. Und Kochi gilt als die Kokosnusshauptstadt der Welt.
Kaum eine Ecke, wo die grünen Früchte nicht feilgeboten werden. Kaum ein Stand am Meer, wo die Inder nicht ihr geliebtes Kokoswasser schlürfen. Indien ohne Kokosnuss? Es wäre, als würde man den Deutschen die Kartoffel nehmen, den Holländern die Tulpen und den Amerikanern die Cheeseburger.
Doch die Kokosnuss ist Kosmopolitin, begehrt in aller Welt. Tahiti. Hawaii. Die türkisfarbenen Buchten zwischen Bali und Barbados, die Strände zwischen Sumbawa und Sansibar. Darunter macht es die Kokosnuss nicht. Und da verwundert es nicht, dass cocos nucifera uns immer wieder den Kopf verdreht.
Schon die Poster der frühen Ozeandampfer zierten mächtige Palmen. Als Werbemotiv wirkte kaum etwas so verlockend wie der langhalsige Baum aus den Tropen mit seinen fetten Nüssen. 1931 kam ein Getränk namens Afri-Cola auf den Markt, 1951 ein legendärer Schokoriegel: Bounty. Flaschen und Packungen dekorierten stilisierte Palmen und lauter Kokosnüsse. Bis heute vergreift sich die Werbung an dem verheißungsvollen Motiv. Airlines, Surfshorts, Autos, Hotels, Unterhosen, Zahncremes, Shampoos, Eissorten, Rum und Rasierklingen: Kaum ein Produkt auf Erden, das noch nicht mit der süßen Versuchung beworben wurde.
Die grüne Tropenfrucht ist allgegenwärtig. Was wären all die Traumfabrikanten nur ohne die Palme und die Kokosnuss? Sie würden ganz schön im Regen stehen!
Doch die Kokosnuss ist Kosmopolitin, begehrt in aller Welt. Tahiti. Hawaii. Die türkisfarbenen Buchten zwischen Bali und Barbados, die Strände zwischen Sumbawa und Sansibar. Darunter macht es die Kokosnuss nicht. Und da verwundert es nicht, dass cocos nucifera uns immer wieder den Kopf verdreht.
Schon die Poster der frühen Ozeandampfer zierten mächtige Palmen. Als Werbemotiv wirkte kaum etwas so verlockend wie der langhalsige Baum aus den Tropen mit seinen fetten Nüssen. 1931 kam ein Getränk namens Afri-Cola auf den Markt, 1951 ein legendärer Schokoriegel: Bounty. Flaschen und Packungen dekorierten stilisierte Palmen und lauter Kokosnüsse. Bis heute vergreift sich die Werbung an dem verheißungsvollen Motiv. Airlines, Surfshorts, Autos, Hotels, Unterhosen, Zahncremes, Shampoos, Eissorten, Rum und Rasierklingen: Kaum ein Produkt auf Erden, das noch nicht mit der süßen Versuchung beworben wurde.
Die grüne Tropenfrucht ist allgegenwärtig. Was wären all die Traumfabrikanten nur ohne die Palme und die Kokosnuss? Sie würden ganz schön im Regen stehen!
Im Süden Indiens hat man mit solchen Überspitzungen wenig am Hut. „Die Kokosnüsse sind unsere Lebensgrundlage“, sagt Arathy Kumani. „Wir nutzen alles von der Frucht, ihr Gewebe, ihre Fasern, ihre Milch, wir nutzen die Rinde der Palme, ihre Blüten, ihre Blätter. Die Kokospalme ist Teil unseres Alltags.“
Arathy führt Besucher mit Booten durch die Backwaters, ein Labyrinth aus Lagunen und Flüssen, die sich tief in die Feuchtgebiete Keralas ziehen. Die Luft trieft, der Dschungel schwitzt. Zwei Männer staken den Kahn mit Bambusstangen durchs Wasser. Lautlos beginnt die Reise – hinein in eine Welt, deren Himmel voller Kokosnüsse hängt.
Im Süden Indiens hat man mit solchen Überspitzungen wenig am Hut. „Die Kokosnüsse sind unsere Lebensgrundlage“, sagt Arathy Kumani. „Wir nutzen alles von der Frucht, ihr Gewebe, ihre Fasern, ihre Milch, wir nutzen die Rinde der Palme, ihre Blüten, ihre Blätter. Die Kokospalme ist Teil unseres Alltags.“
Arathy führt Besucher mit Booten durch die Backwaters, ein Labyrinth aus Lagunen und Flüssen, die sich tief in die Feuchtgebiete Keralas ziehen. Die Luft trieft, der Dschungel schwitzt. Zwei Männer staken den Kahn mit Bambusstangen durchs Wasser. Lautlos beginnt die Reise – hinein in eine Welt, deren Himmel voller Kokosnüsse hängt.
In den Dörfern spielt sich das Leben noch nach alten Mustern ab. Vor einer Hütte hockt Omana Tripathi, eine Kokoshandwerkerin der alten Schule. Omana ist 72 Jahre alt und arbeitet seit 50 Jahren mit der Kokosnuss. Sie sitzt auf dem Erdboden und bindet mit ihren bloßen Händen eine Kokosmatte. Die Inder nutzen Palmwedel bis heute, um Dächer zu decken, Hauswände zu flechten oder Körbe zu binden.
Aus den Fasern der Nuss zwirnen sie Kokosseile. Sofas werden daraus geknüpft, Säcke gebunden, Matratzen hergestellt. Die Palmen und ihre berühmte Frucht dienen als Rohstoff und Baumaterial, sind Basis der asiatischen Küche. Durch Auspressen lässt sich das begehrte Kokosöl gewinnen. Auch in zahllosen Beautyprodukten ist Kokosnussöl enthalten. Die Frucht ist zum Wirtschaftsgut geworden.
Damit nicht genug. Mit den Stielen der Palmwedel spielen die Kinder Cricket, mit ihren Fasern putzen sich viele die Zähne. In den Tropen wird die Kokospalme nicht umsonst „Baum des Lebens“ genannt. Man könnte glatt sagen: cocos nucifera – das ist der schönste Nutcase aller Zeiten.
Allerdings: An die begehrte Frucht kommt man nicht so leicht heran. Denn trotz Mondlandung, KI und der Erfindung des intelligenten Kühlschranks – bis heute gibt es keine maschinelle Erntehilfe, mit der sich Queen Coconut mal eben von der Palme holen ließe. Muskelkraft ist gefragt. Der Mensch muss selbst hoch!
Im Küstendorf Arthunkal steht Tanesh Diwakar unter einer zwanzig Meter hohen Palme. Tanesh, 43, ist Palmenkletterer. Und er hat alle Hände voll zu tun. Allein in seinem Bezirk Alappuzha, schätzt er, stehen an die 300.000 Kokospalmen. Für ihn bedeutet das: hoch, runter, hoch, runter – fast das ganze Jahr.
Bis zu zwölf Palmen schafft er an einem Morgen. Oft hängen 20, 30 Kokosnüsse in einem einzigen Baum. Wie ein Akrobat tänzelt er die Palme hoch, ohne Netz, ohne Sicherung, am Gürtel seine Machete. Sein Verdienst: um die 1000 Rupien, umgerechnet 11 Euro am Tag. „Eine Kokosnuss ist mir noch nie auf den Kopf gefallen“, sagt er. „Und gestürzt bin ich auch noch nicht.“ Zum Glück. Denn verliert er da oben den Halt – jeder Sturz aus zehn, zwanzig Metern kann tödlich sein.
Allerdings: An die begehrte Frucht kommt man nicht so leicht heran. Denn trotz Mondlandung, KI und der Erfindung des intelligenten Kühlschranks – bis heute gibt es keine maschinelle Erntehilfe, mit der sich Queen Coconut mal eben von der Palme holen ließe. Muskelkraft ist gefragt. Der Mensch muss selbst hoch!
Im Küstendorf Arthunkal steht Tanesh Diwakar unter einer zwanzig Meter hohen Palme. Tanesh, 43, ist Palmenkletterer. Und er hat alle Hände voll zu tun. Allein in seinem Bezirk Alappuzha, schätzt er, stehen an die 300.000 Kokospalmen. Für ihn bedeutet das: hoch, runter, hoch, runter – fast das ganze Jahr.
Bis zu zwölf Palmen schafft er an einem Morgen. Oft hängen 20, 30 Kokosnüsse in einem einzigen Baum. Wie ein Akrobat tänzelt er die Palme hoch, ohne Netz, ohne Sicherung, am Gürtel seine Machete. Sein Verdienst: um die 1000 Rupien, umgerechnet 11 Euro am Tag. „Eine Kokosnuss ist mir noch nie auf den Kopf gefallen“, sagt er. „Und gestürzt bin ich auch noch nicht.“ Zum Glück. Denn verliert er da oben den Halt – jeder Sturz aus zehn, zwanzig Metern kann tödlich sein.
Tanesh ist nur einer von vielen, der mit der Nuss sein Geld verdient. Vielerorts in Kerala stehen Männer vor Spinnrädern und hölzernen Webstühlen. In den Manufakturen fertigen sie Kokosmatten für Landwirtschaft und Gartenbau. Sie schützen die Felder vor Erosion, werden als Geotextilien und Torfersatz genutzt. Am Ende geht es um ein großes Business. Über 60 Millionen Tonnen Kokosnüsse werden jedes Jahr weltweit geerntet und auf dem globalen Markt gehandelt. Wobei allein die Milch für Milliardenumsätze sorgt.
Dem schlanken Baum mit den schönen Blättern sieht man es nicht gleich an. Gelassen steht er in den Tropen und besänftigt die Gemüter. Doch wie es sich für eine Queen ziemt – das Gewächs ist Gold wert. In Kerala gibt es sogar ein Coconut Development Board, zudem wurde der „World Coconut Day“ ausgerufen.
Wer allerdings das wahre Königreich seiner Majestät entdecken will, der muss noch einmal weiterreisen. Gut 500 Kilometer im Indischen Ozean liegen die Lakshadweep Islands: 36 von Palmen überzogene Inselchen, die auf dem Ozean schwimmen wie weiße Scheiben. Strände leuchten unter der Sonne, weißer Korallensand, auf dem die Schatten der Palmwedel schweben. Dies ist das Zuhause von Königin Kokosnuss. Seit Jahrtausenden ihr natürliches Habitat: Endstation Sehnsucht im Korallenmeer.
Das Leben hier draußen ist einfach. Der Äquator nicht weit. Die Riffe, die Haie. Hier gibt es nur das Meer, die Fische und die Kokosnüsse. Alles andere muss mit dem Schiff gebracht werden.
Die Menschen laufen langsam im Paradies. Barfuß im Sand. Die Sonne ist heiß. Es gibt sehr viel Zeit hier. Abends geht der Mond über den Inseln auf. Wie Scherenschnitte stehen die Palmen am Meer. Das Wasser ist warm, der Wind. Und dann muss man nur hinhören. Hier und da macht es im Sand plopp. Wie seit Millionen von Jahren. Die Königin lässt sich gerade mal wieder irgendwo fallen und rollt ins Meer.
Es wartet die See. Reise, reise – bis ans Ende der Welt!
Wer allerdings das wahre Königreich seiner Majestät entdecken will, der muss noch einmal weiterreisen. Gut 500 Kilometer im Indischen Ozean liegen die Lakshadweep Islands: 36 von Palmen überzogene Inselchen, die auf dem Ozean schwimmen wie weiße Scheiben. Strände leuchten unter der Sonne, weißer Korallensand, auf dem die Schatten der Palmwedel schweben. Dies ist das Zuhause von Königin Kokosnuss. Seit Jahrtausenden ihr natürliches Habitat: Endstation Sehnsucht im Korallenmeer.
Das Leben hier draußen ist einfach. Der Äquator nicht weit. Die Riffe, die Haie. Hier gibt es nur das Meer, die Fische und die Kokosnüsse. Alles andere muss mit dem Schiff gebracht werden.
Die Menschen laufen langsam im Paradies. Barfuß im Sand. Die Sonne ist heiß. Es gibt sehr viel Zeit hier. Abends geht der Mond über den Inseln auf. Wie Scherenschnitte stehen die Palmen am Meer. Das Wasser ist warm, der Wind. Und dann muss man nur hinhören. Hier und da macht es im Sand plopp. Wie seit Millionen von Jahren. Die Königin lässt sich gerade mal wieder irgendwo fallen und rollt ins Meer.
Es wartet die See. Reise, reise – bis ans Ende der Welt!