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Thailand

Rockets for the gods:
Thailand celebrates with a bang!

Shortly before the monsoon starts, people in Isan turn their eyes to the sky, hoping the heavens will send rain to northern Thailand. To increase the odds and ensure a good harvest, they fire rockets up to the gods.
Footnote
Director’s cut: a podcast featuring the full story

A week before the rockets shoot up to the gods, people in Isan decorate the streets and adorn the launch ramps with lotus blossoms. The men take time off work, stay home, drink whisky. A high event is underway, and everybody knows it.

Pick-up trucks drive through the villages transporting blue PVC pipes, oil canisters, banana trees and six-metre-long bamboo poles. In garages and sheds, men saw and stir, shape and secure – from six in the morning until late into the hot, tropical night. Everywhere, they’re now busy building giant rockets. Beyond the houses, water buffalo stand in dusty rice fields and the hot sun blazes down onto Yasothon, the provincial capital.

Soon, in June, the monsoon season will begin. The rains will replenish the fields and turn Thailand’s breadbasket into a fertile landscape. But this requires a little bit of human help, which in Isan has been offered for centuries. It involves gunpowder, long fuses and home-made projectiles. Bun Bang Fai is the name of the spectacle that precedes the rainy season. In north-eastern Thailand, people traditionally shoot rockets high into the sky in an appeal to the mighty ones in their mystical worlds for an abundant harvest.

The Rocket Men of Isan proceed with the utmost care. It's a matter of luck or misfortune, rain or drought.

Im Isan glauben alle fest an das Ritual – und die Objekte der göttlichen Anrufung sind keine Spielzeuge. Bis zu 120 Kilo schwere Raketen feuern die Männer ab. Geschosse, die so schnell und hoch in den Himmel rasen, als wollten sie tatsächlich in den Weltraum aufsteigen.

Unweit der Tempel von Yasothon stehen zwanzig Meter hohe Abschussrampen auf einem Acker. Und am kommenden Sonntag wird es wieder so weit sein. Party mit Elefanten, Buden, Tanz und dröhnend lauter Musik. Der halbe Platz verschwindet unter Donnerhall und Rauch: Denn alle paar Minuten rast eine bis zur Halskrause mit Schwarzpulver vollgestopfte Rakete gen Himmel.

Dr. Saichon Posri führt eines der vielen Teams an, die an den Start gehen werden. Im kleinen Ort Baan Klong, eine halbe Autostunde von Yasothon entfernt, bereitet er seine Rakete vor. Seine Geschosse sind eigenhändig konstruiert und bis ins letzte Detail ausgetüftelt: Trimm, Gewicht, Sprengstoffdichte. Die sauber geflochtenen Verbindungen von Rumpf und Bambusschwanz, die in heißem Öl gedrehten Enden der himmelstrebenden Riesengranate.

Schon als Junge verfolgte Dr. Saichon die Tradition des lokalen Raketenbaus. Heute ist er 62 Jahre alt, Doktor der Philosophie und der Politikwissenschaften, der in Bangkok ein Elektronikunternehmen führt. Seine wahre Passion aber ist ein feuriges Unterfangen: kapitale Raketen!

Zu den technischen Daten verrät er nur so viel: „Sie fliegen sehr hoch, sehr weit und sehr schnell.“ Und die Landung? „Die Raketen haben keinen Fallschirm. Wir wissen nicht, wo sie runterkommen. Sie kommen halt irgendwo runter.“

Das fast zehn Meter lange Ungetüm liegt vor ihm. Eine lange blaue Hülse. Daran verknotet ein Bambusrohr. Es wird die Flugbahn stabilisieren und im rasenden Luftstrom die Funktion einer sechs Meter langen Schwanzflosse übernehmen. Vom Prinzip her gleicht der Himmelstorpedo einer handelsüblichen Silvesterrakete. Nur dass diese Geschosse ganz andere Kaliber sind. Sie haben einen Durchmesser von bis zu 20 Zentimetern, wiegen bis zu 120 Kilo und kosten bis zu 60.000 Baht pro Stück, umgerechnet rund 1500 Euro. Manche sagen, die Raketen fliegen Dutzende Kilometer weit, erreichen Flughöhen von bis zu 6000 Metern und schießen mit annähernd 700 Sachen durch den Himmel.

Jedes Team hat sein eigenes Rezept. Die Mixtur des hochexplosiven Treibstoffs muss stimmen, der Abschusswinkel. Und natürlich ist jede Rakete zauberhaft geschmückt. Mit Orchideen, Jasminblüten und bunten Seidentüchern.

Das fast zehn Meter lange Ungetüm liegt vor ihm. Eine lange blaue Hülse. Daran verknotet ein Bambusrohr. Es wird die Flugbahn stabilisieren und im rasenden Luftstrom die Funktion einer sechs Meter langen Schwanzflosse übernehmen. Vom Prinzip her gleicht der Himmelstorpedo einer handelsüblichen Silvesterrakete. Nur dass diese Geschosse ganz andere Kaliber sind. Sie haben einen Durchmesser von bis zu 20 Zentimetern, wiegen bis zu 120 Kilo und kosten bis zu 60.000 Baht pro Stück, umgerechnet rund 1500 Euro. Manche sagen, die Raketen fliegen Dutzende Kilometer weit, erreichen Flughöhen von bis zu 6000 Metern und schießen mit annähernd 700 Sachen durch den Himmel.

Jedes Team hat sein eigenes Rezept. Die Mixtur des hochexplosiven Treibstoffs muss stimmen, der Abschusswinkel. Und natürlich ist jede Rakete zauberhaft geschmückt. Mit Orchideen, Jasminblüten und bunten Seidentüchern.

„Die Raketen fliegen sehr hoch, sehr weit und sehr schnell. Die Landung? Sie kommen halt irgendwo runter.“

Mithilfe einer Hydraulikpumpe befüllen die Männer die Rakete mit dem Treibstoff: Kaliumnitrat, angereichert mit zermahlener Holzkohle. Sack für Sack schütten sie das schwarze Raketenpulver in die leere Hülle. Im tropischen Raketenhangar poltert und zischt es. Nichts wird dem Zufall überlassen. Die Rocket Men des Isan gehen mit äußerster Sorgfalt vor. Immerhin, es geht um Glück oder Unglück, Regen oder Dürre.

„Wir liegen gut im Rennen“, sagt. Dr. Saichon. Zum Essen gibt es Reis und Fisch aus Tüten, ein kaltes Thai-Bier, im Kühlschrank steht Schnaps. „Bis Sonntag sind wir fertig, unser Startfenster ist um 11.25 Uhr.“ Ein Ventilator schaufelt heiße Luft in den Raketenhangar. Draußen kreischen die Grillen.

Freitag. Noch zwei Tage bis zum Showdown. Auf dem noch menschenleeren Hauptabschussplatz von Yasothon fahren an diesem Morgen mehrere Pick-ups vor. Der Bürgermeister der Stadt, ein hinduistischer Priester und einige Raketenbauer beten am Fuße der Abschussrampe gen Himmel. Vor ihnen ein Klapptisch mit allerlei Gaben. Kokosnüsse, Bananen, Ringelblumen. Zwei gekochte Fische aus dem Fluss, mehrere Bierflaschen, dazu ein gerupftes Huhn sowie ein ausgewachsener Schweinskopf, der zur Abschussrampe starrt.

Räucherstäbchen brennen, Kerzen werden angezündet. Ein stiller Moment der Andacht, bevor die Raketen ins Götterreich abheben.

Samstag. Noch ein Tag bis zum Showdown. In Yasothon werden Paraden abgehalten. Goldene Wagen rollen über die Chaeng Sanit Road, Tänzer drehen sich neben Live-Bands. Tausende Zuschauer treffen in der Stadt ein, Besucher aus den Dörfern, Menschen aus dem ganzen Land. Die Musik erreicht Orkanlautstärke.

In seiner Werkstatt schreibt Dr. Saichon mit einem Edding letzte Grußworte auf seine Rakete. „Fly high! Good luck!“ Die Rakete sieht wunderschön aus. Ein Meisterwerk.

Sonntag. Menschen aus allen Himmelsrichtungen strömen zum großen Acker hinter dem Tempel, über 30.000 Zuschauer sollen heute kommen. Hinten von den Zelten tragen die ersten Teams ihre Raketen zum Start. Barfuß klettern die Männer auf die himmelhohen Rampen, knoten die Geschosse fest, justieren die langen Bambusschwänze. Die Luft knistert. Vor Hitze, vor Spannung.

Samstag. Noch ein Tag bis zum Showdown. In Yasothon werden Paraden abgehalten. Goldene Wagen rollen über die Chaeng Sanit Road, Tänzer drehen sich neben Live-Bands. Tausende Zuschauer treffen in der Stadt ein, Besucher aus den Dörfern, Menschen aus dem ganzen Land. Die Musik erreicht Orkanlautstärke.

In seiner Werkstatt schreibt Dr. Saichon mit einem Edding letzte Grußworte auf seine Rakete. „Fly high! Good luck!“ Die Rakete sieht wunderschön aus. Ein Meisterwerk.

Sonntag. Menschen aus allen Himmelsrichtungen strömen zum großen Acker hinter dem Tempel, über 30.000 Zuschauer sollen heute kommen. Hinten von den Zelten tragen die ersten Teams ihre Raketen zum Start. Barfuß klettern die Männer auf die himmelhohen Rampen, knoten die Geschosse fest, justieren die langen Bambusschwänze. Die Luft knistert. Vor Hitze, vor Spannung.

Jetzt folgen und keine Reise verpassen

Jetzt folgen und keine Reise verpassen     

Party mit Elefanten, Buden, Tanz und infernalischem Zischen: Alle paar Minuten rast eine bis zur Halskrause mit Schwarzpulver vollgestopfte Rakete gen Himmel.

Es ertönt ein Pfiff vom Zeremonienmeister. Das Publikum tritt zurück, verfolgt den Start aus sicherer Entfernung – wenn man das so nennen darf. Es zirkulieren nämlich Berichte, laut denen einige Raketen schon mitten durch die Zuschauermenge schossen. Hier und da soll es Tote gegeben haben.

Und dann geht es los. Die erste Rakete hebt ab. Ein infernalisches Zischen ertönt, legt sich über den gesamten Platz. Vorn an der Rampe, in einer Distanz von 30 Metern, quillt eine gigantische Rauchwolke empor, dehnt sich aus und verschluckt die Menge. Die Rakete ist gerade noch zu sehen. Auf einmal reißt sie sich los und schießt mit irrem Tempo lotrecht in den Himmel. Im Nu durchbohrt sie die Wolken, schraubt sich höher und höher, bis sie kaum mehr zu erkennen ist.

Ein Raunen geht durch die Menge. Alle starren hoch – die Ohren schon nach diesem ersten Schuss halb taub. Gegen zehn starten die nächsten Raketen. Ein urgewaltiges Fauchen und Donnern ist zu vernehmen, dann schießt ein Feuerschweif nach oben und treibt eine gewaltige Rauchsäule in den Himmel. Die nächste Rakete folgt kurz darauf. Mit mehreren 100 km/h rasen die Geschoss nach oben, gehen in eine flache Bahn über, beginnen sich zu drehen, fliegen in Korkenzieherkurven nach Westen und verlieren sich meilenweit über dem Horizont.

Die Menge kreischt, jubelt. Ein Schiedsrichter verfolgt die Flugbahnen, nimmt die Zeiten. Doch irgendwann verlieren selbst die Zeremonienmeister die Donnervögel aus den Augen. Sie fliegen einfach zu weit, zu hoch, zu schnell.

Dr. Saichon und seine Truppe sind eingetroffen. Nun sind sie dran. Es ist kurz nach zwölf. High Noon. Drei Mann schultern die Rakete, vorweg tänzelt ein thailändischer Cheerleader mit neonfarbener Perücke. Es wird gesungen, getrommelt. Die Hitze ist gnadenlos. Der letzte Kletterer nimmt die Heiligen-Deko von der Raketenspitze ab. Unten stellen sich alle im Halbkreis auf. Ein schnelles Gebet, eine letzte Fürbitte. Dann ertönt auf dem Acker der Pfiff.

Die Rakete zündet, hebt ab. Mit göttlichem Speed schießt sie davon, jagt in den blanken Himmel. Zwei, drei Sekunden, weg ist sie. Nur noch ein Strich im weiten Blau, im Schlepp eine mehrere hundert Meter lange Donnerwolke, die sich ausdehnt wie ein überdimensionales Fantasiegebilde.

Die Menge kreischt, jubelt. Ein Schiedsrichter verfolgt die Flugbahnen, nimmt die Zeiten. Doch irgendwann verlieren selbst die Zeremonienmeister die Donnervögel aus den Augen. Sie fliegen einfach zu weit, zu hoch, zu schnell.

Dr. Saichon und seine Truppe sind eingetroffen. Nun sind sie dran. Es ist kurz nach zwölf. High Noon. Drei Mann schultern die Rakete, vorweg tänzelt ein thailändischer Cheerleader mit neonfarbener Perücke. Es wird gesungen, getrommelt. Die Hitze ist gnadenlos. Der letzte Kletterer nimmt die Heiligen-Deko von der Raketenspitze ab. Unten stellen sich alle im Halbkreis auf. Ein schnelles Gebet, eine letzte Fürbitte. Dann ertönt auf dem Acker der Pfiff.

Die Rakete zündet, hebt ab. Mit göttlichem Speed schießt sie davon, jagt in den blanken Himmel. Zwei, drei Sekunden, weg ist sie. Nur noch ein Strich im weiten Blau, im Schlepp eine mehrere hundert Meter lange Donnerwolke, die sich ausdehnt wie ein überdimensionales Fantasiegebilde.

Sie steigt wunderschön. Fliegt fantastisch. Sehr weit, sehr hoch und mit unbeschreiblicher Grazie. Dr. Saichon steht unten auf dem Acker, blickt minutenlang nach oben und sagt: „Booooom! Very high, very good!“

So soll es sein. Alles hat sich gelohnt. Die Arbeit, die Dekoration, die Musik, der Tanz. In den nächsten Wochen wird der Regen kommen. Es wird Glück prasseln und am Ende eine reiche Ernte geben. Wie das mit den Raketen und den Regengöttern am Ende genau funktioniert, wird allerdings nicht verraten. Aber das tut auch nichts zur Sache.

Hier geht es um Rocket Science made in Thailand. Hier geht es um heilige Angelegenheiten, die für Fremde sowieso nur eines sind: viel zu hoch.

Marc Bielefeld
Autor
Vom Ballon in die Wüste, aufs Meer, ins Eis: In zwölf packenden Reportagen und Podcasts beschreibt der Autor faszinierende Reisen und trifft auf außergewöhnliche Menschen.
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Jens Görlich
Fotograf
Große Momente, stilles Glück, bewegende Szenen: Der Fotograf aus Frankfurt ist mit seiner Kamera hautnah dabei und fängt ein, was Worte nicht sagen können.
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Lufthansa
Aluminium Collection

Reisebegleiter
In Thailand bewies unser Koffer starke Nerven: Er stürzte aus dem Tuktuk, schluckte Staub beim Raketenstart und rollte über den Acker bis zur Startrampe. Motto: Cool bleiben – und immer bestens in Form!

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